Es handelt sich um die "calçotada", die ich hier im Blog schon mal erwähnt hatte. Aber heute will ich die Gelegenheit beim Schopf ergreifen und näher auf dieses typisch katalanische Gericht eingehen.
Auf der Suche danach, wie ich auf deutsch am besten beschreibe, worum es sich handelt, bin ich auf einen Artikel in der FAZ.de gestossen, der "die Sache" sehr gut beschreibt. Denn wenn es um die "caçotada" geht, wäre eine Beschreibung des Gerichts alleine nicht ganz aufschlussreich, da es sich um eine regelrechte Zeremonie handelt.
Das ist doch kein Grund zum Weinen
Von Sven Weniger
Wunder der Natur: Die Zwiebeln, so sagen die Schlemmer, helfen gegen alle Zipperlein.
24. Januar 2010 Tarragona qualmt, in Hinterhöfen, Schrebergärten, auf Waldlichtungen und Grillplätzen. Der Wind der nahen Küste verteilt die Schwaden übers Land. Alle können es riechen. Die Calçots sind auf dem Feuer - endlich. Einmal im Jahr vergessen die Katalanen ihre gute Kinderstube und begeben sich in die Niederungen hemmungsloser, archaischer Völlerei, und das mitten im Winter, egal ob es stürmt oder regnet. Dann huldigen sie einer Zwiebel. Die Zeit der Calçotada ist da.
Vor dem Cal Ganxo drängen sich die Leute. Sie frieren. Drinnen ist es heiß und stickig und brechend voll. Unter den rußigen Dachbalken des Landgasthofes aus dem achtzehnten Jahrhundert wogen Menschenleiber an Holztischen. Kräftige Kellner schleppen halbrunde Dachziegel in schneller Folge herbei. Auf jedem türmen sich die Calçots. Das wie Porree anmutende Gemüse ist in Zeitungspapier eingewickelt, damit es nicht auskühlt. Es dampft und riecht verbrannt. Porrones machen die Runde, aus dem dünnen Ausguss der traditionellen Glaskaraffe schießt der Rotweinstrahl in hohem Bogen direkt in den Mund der Zecher. Theoretisch jedenfalls. Oft landet er irgendwo daneben, mit Glück auf der großen Papierserviette, die jeder Gast trägt. Oft verfehlt er sie auch. Calçotada feiern will gelernt sein.
Speisezwiebeln mit Spezialbehandlung
Die hohe Kunst des Zwiebelgrillens – keiner beherrscht sie so meisterhaft wie die Katalanen.
Das Cal Ganxo liegt in der Nähe von Valls. Der Ort in der Provinz Tarragona gilt als Wiege des Volksfestes, das in vielen katalanischen Dörfern auch mit Trachtenumzügen gefeiert wird. In Valls soll einst ein trotteliger Bauer vergessen haben, seine Zwiebeln samt ihrer langen, grünen Blätter rechtzeitig aus dem Feuer zu nehmen, in dem er sie grillte. Doch er zog einfach die verkohlten äußeren Schichten ab und war begeistert vom rauchigen, saftigen, herben Geschmack des Inneren. Ein Kochrezept war geboren. So weit die Legende. Doch so simpel ist es nicht. Zwar sind die Pflanzen tatsächlich ordinäre Speizezwiebeln. Doch erst die aufwendige Fürsorge adelt sie zu Calçots. Nach der Aussaat im Spätwinter werden die Keimlinge im Boden verteilt, die Knollen dann im Sommer geerntet. Im Herbst stecken die Bauern sie wieder ins Erdreich. Um die abermals keimenden Zwiebeln häufeln sie nun immer wieder frische Erde. Dadurch verharren die Pflanzen im Dunkeln, strecken ihre Form und bleiben auf mehr als zwanzig Zentimeter Länge weich und weiß bis zur nächsten Calçotada, die immer zwischen Januar und Frühlingsanfang gefeiert wird. Dann geht es ihnen an die Haut.
Die Leute geben sich nun die Klinke in die Hand. Wird ein Tisch frei, befreien ihn flinke Hände von Bergen von Servietten, Tellern, Essensresten. Denn die nächsten Gäste warten schon ungeduldig. Meist müssen sie Wochen im Voraus bestellen. Das Cal Ganxo kann es sich erlauben, nur zur Calçotada von November bis April überhaupt zu öffnen. In dieser Zeit geht eine sechsstellige Zahl Calçots über den Tresen. Im Hof kippen Arbeiter derweil zentnerweise Zwiebeln auf den riesigen Rost. Darunter lodert das Feuer aus altem Rebholz. Feuchtigkeit zischt. Rauch hüllt die Wartenden ein. Es nieselt jetzt. Die Umstehenden werden nass.
Blutwurst und Bohnen
Drinnen an den Tischen geht es zur Sache. Auch das Entfernen der verkohlten Zwiebelhaut muss geübt werden. Sie lässt sich zwar einfach abstreifen, aber die Hände sind danach schwarz und klebrig. Dann wird die Knolle in die herzhafte Salvitxada-Sauce getunkt und von oben in den Mund gesenkt. Es kleckert reichlich, und der Porrón ist auch schon wieder da. Niemand, der auf die Tischmanieren achtet. Es ist fast wie zu Kinderzeiten. Ein dienstbarer Geist wuchtet eine weitere schwere Schlachtplatte auf den Tisch: Blutwurst, Koteletts, Lammsteaks, garniert mit weißen Bohnen und Artischocken. Sie sind fester Bestandteil jeder Calçotada. Die ersten Esser verdrehen die Augen.
Die Katalanen feiern die Calçotada mit Freunden, in der Großfamilie, sehr oft im Freien. Und es ist das unfreundliche Ambiente der kalten Jahreszeit, das dem Fest seinen besonderen Charakter verleiht. Den Unbilden des Wetters zu trotzen, kräftig gegen die Kälte anzuessen und zu trinken und dabei viel Spaß zu haben, das ist das Motto. Dass den Calçots allerlei die Gesundheit fördernde Eigenschaften nachgesagt werden, kann dabei nicht schaden, auch wenn kaloriensatte Salvitxada, Fleischberge und Rotweingelage gewisse Zweifel daran erlauben. Und die Crema Catalana zum Nachtisch ist auch nicht gerade entschlackend.
Abkupfern strengstens verboten
Wie auch immer - das Cal Ganxo rühmt sich, in seinen Räumen die echten Calçots zu servieren, sozusagen mit dem Gütesiegel des Ursprungsorts Valls. Das gibt es tatsächlich. Darin werden die genauen Maße für Länge und Durchmesser der weißen Zwiebel festgelegt. Denn das große Fressen, für das Restaurantpreise von dreißig bis vierzig Euro gezahlt werden, hat für die Region eine erhebliche Wirtschaftskraft. Abkupfern wird nicht gern gesehen. Denn beim Geld hört für die Katalanen bekanntlich der Spaß auf.
Information: Calçotadas finden vor allem in den ersten drei Monaten des Jahres in der Provinz Tarragona statt. Zentrum ist der Ort Valls. Dessen Fest beginnt Ende Januar
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: Sven Weniger
Nach diesem aufschlussreichen Artikel, der die Sache an sich sehr gut erklärt, zum besseren Verständnis ein paar Fotos aus meinem eigenen Archiv. Sie enstanden bei der Feier meine 50. Geburtstags und sind wirklich sehr, sehr aufschlussreich. *grins*:
Anfangen will ich mit dem Foto meines GGs in "Wartestellung". Wie ihr seht, hat er eine Art Schlabberlatz an, der gleichzeitig den Essplatz am Tisch bedeckt. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte ich nur die typischen Schlabberlätze, die man in den Restaurants vor dem Essen umgebunden bekommt (wenn man nicht weiss, was es damit auf sich hat), aber dieser Latz ist meiner Meinung nach wirklich am besten für dieses Essen geeignet.
Rechts ist er beim Trinken des o.g. Porrons zu sehen. Solltet ihr es ihm nachmachen wollen, so kann ich nur empfehlen, euch auch einen Latz umzuhängen!
Und nun die verblüfften Gäste. Ja, wenn man zum ersten Mal verkohlte Frühlingszwiebel auf einer Dachpfanne serviert bekommt, da geht einem schon so mancher wunderliche Gedanke durch den Kopf!!! Man beachte auch bitte den Abfalleimer auf dem Tisch ........
Aber nach einer kurzen Vorführung von mir, wie diese komischen Dinger gegessen werden ....
.... war das Staunen und Grübeln schnell vorbei und es wurde kräftig zugelangt.
Bleibt nur noch zu sagen, dass nichts übrig blieb. ;-)
Und das war unsere heutige "calçotada", von der ebenfalls nichts übrig blieb.
Unser armer Michi durfte nur zuschauen, aber nicht probieren!
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